Marokko
Fotograf im Blick

Johann Groder von Expa Pictures

von | 21. Mai 2015

Es ist ein etwas zu sommerlicher Frühlingstag, als ich Hans Groder, international gefragter Presse- und Sportfotograf sowie Gewinner des APA-Fotopreises 2012, in Lienz zum Interview treffe. Auf der Terrasse eines Cafés unweit der Drau verrät er inmitten von Vogelgezwitscher und Kindergebrüll, was für ihn ein gutes Pressefoto ist, und warum Umwege nervig, aber manchmal sehr sinnvoll sind.

Als Pressefotograf bist du mitten im nationalen und internationalen Tagesgeschehen drinnen …

Hans Groder: Das wird mir manchmal erst im Nachhinein bewusst, dass ich wirklich mittendrin bin. Irgendwann ist es einfach Routine. Und dann spreche ich zum Beispiel mit einem Kollegen, der erwähnt, er hätte keine Chance, für einen Event eine Akkreditierung zu bekommen, während mich teilweise die Veranstalter sorgenvoll anrufen, um sicher zu gehen, dass unsere Agentur den Event eh besetzt. Für den Veranstalter ist eine breite Berichterstattung extrem wichtig. Bei unserer Agentur weiß man, dass wir viel mit der Austria Presse Agentur zusammen arbeiten. Das ist natürlich auch ein entsprechender Mehrwert für den Veranstalter, wenn er weiß, er hat hier nicht das Bezirksblatt von Hintertupfing zu Gast, sondern eine Agentur mit einem entsprechenden nationalen und internationalen Verteiler.

Hans, wie kam es dazu, dass du Fotograf wurdest und schließlich eine Bildagentur gegründet hast?

Hans Groder: Ich wollte schon als Kind den Beruf Fotograf erlernen. Als ich diesen Wunsch dann irgendwann kundgetan habe, sagte man mir sinngemäß, „Jetzt lernst zuerst mal was Ordentliches“. In meiner Jugend und in meinem Umfeld war Fotograf kein Beruf, und es gab hier in Osttirol auch keine entsprechenden Ausbildungsplätze. So habe ich den Gedanken erst mal beiseite geschoben. Durch mein familiäres Umfeld, meine Eltern führten ein Hotel, war es naheliegend, einen Beruf in diesem Bereich zu ergreifen. Also wurde ich Koch. Im Nachhinein bin ich froh, dass ich die Lehre zum Fotografen nicht gemacht habe, sonst würde ich den Beruf heute vermutlich nicht mehr ausüben. So habe ich mich über die Jahre als reiner Autodidakt von unbewegten Motiven in der Landschaftsfotografie bis hin zu bewegten Motiven weiter entwickelt, um mich dann ab 2005 langsam an professionelle Action-Bilder heran zu tasten. Ab 2008 hatte ich dann eine entsprechend gute Auftragssituation. Parallel zum Schifahren, habe ich noch weitere Sportarten wie Fußball, Tennis abgedeckt.

Warum hat es dich ausgerechnet zur Sportfotografie hin gezogen?

Hans Groder: Das Thema war naheliegend. Laut damaligem (Anm. österreichischen) Gewerberecht durfte ich als Quereinsteiger nur den Beruf des Pressefotografen ausüben. Hochzeiten zu fotografieren, spielte es beispielsweise nicht. Bei uns in Osttirol haben wir auch kein Parlament oder Ähnliches. Sport ist DAS Hauptthema, das ich hier in der Pressefotografie brauche, aber natürlich auch national und international. Es hat mich  immer schon fasziniert, in der ersten Reihe zu stehen, das sind die Gründe, warum ich mich für diesen Weg entschieden habe. Ich hab dann aber auch recht schnell gemerkt, dass das Fotografieren in der ersten Reihe einen gewissen Druck mit sich bringt, gut zu sein.

Die Bildagentur EXPA Pictures haben wir 2008 eher aus einem Zufall heraus gegründet. Ein Hamburger Fußballclub und Wacker Innsbruck hatten ein Testspiel in Matrei in Osttirol. Dabei bin ich auf meinen nunmehrigen Partner Jürgen Feichter gestoßen. Anschließend an das Testspiel haben wir zusammen ein Bier getrunken. Wir waren uns schnell einig darüber, wir müssten uns was einfallen lassen, um unsere Ressourcen besser einzuteilen. Unser Hauptmotiv war, unsere Termine so zu organisieren, dass nicht beide am gleichen Ort fotografieren, sondern dass wir uns aufteilen. Die Orientierung in Richtung Pressefotografie war aus wirtschaftlichen Überlegungen auch klar. Es ist nicht die große Schwierigkeit, ein gutes Foto zu machen, sondern das gute Foto zu verkaufen. Die Anfragen seitens der Medien gingen rasch über den Regionalsport hinaus, beispielsweise Fußball Bundesliga. Da haben wir aufgrund der Nachfrage gemerkt, was der Markt braucht und verträgt, obwohl es nicht in unserer ursprünglichen Absicht lag. Mittlerweile haben wir uns einen durchaus guten Platz in der Medienlandschaft erkämpft.

Wie viele Fotografen fotografieren derzeit für EXPA Pictures?

Hans Groder: Österreichweit insgesamt fünfzehn, davon fünf hauptberufliche. Die Fotografen sind alle selbstständig und unsere Partner, die uns mit Bildern beliefern. Meistens decken sie ihr jeweiliges Bundesland ab. In Fußball und Eishockey gibt es Spielpläne, und danach richten sich dann auch deren Termine. Aber natürlich decken wir auch andere Bereiche wie Politik, Chronik, Wirtschaft usw. ab. Viele unserer Fotografen üben unter der Woche einen ganz normalen Brotberuf aus, und fotografieren in erster Linie an den Wochenenden. Unsere hauptberuflichen Fotografen setzen wir natürlich entsprechend intensiver ein.

groder_25881Sportfotograf Hans Groder bei seiner Arbeit

expa-gro-090714-1921Hans Groder: „Für ein gutes Foto muss man was tun!“

Was macht für dich ein gutes Sportfoto aus?

Hans Groder: Ein gutes Sportfoto ist es für mich dann, wenn im Foto eine Geschichte erkennbar ist. Im Fußball muss beispielsweise nicht immer das Tor das Highlight sein, manchmal ist es auch der Weg dorthin, wenn etwa derjenige, der das Tor vorbereitet, seinen Gegenspieler überdribbelt. Das zu erkennen, ist schwierig. Ich kann von einem Formel 1 Rennen tausend Bilder machen und trotzdem nicht den Punkt erwischen, der pressetechnisch entscheidend ist. Nur eine gute oder schöne Aktion eines Schispringers, eines Schifahrers, eines Leichtathleten zu fotografieren, ist zu wenig. Die Story im Hintergrund muss dazu passen, sonst ist das Foto nichts wert.

glo_1530

glo_1538

glo_1543The story behind: Medaillenhoffnung Bode Miller stürzt 2015 bei seiner Heim-WM in Vail schwer und wird so zum tragischen Helden. Das Foto mit dem „Überschlag“ wird weltweit millionenfach abgedruckt, u. A. in der L. A. Times und der Washington Post.

Wie bereitest du dich generell auf einen Auftrag vor?

Hans Groder: In der Sportfotografie selbst haben wir eher weniger Aufträge, das sind dann eher Geschichten für Sponsoren, wenn etwa der Sportler xy bei Stiegl unter Vertrag ist, und Stiegl braucht für eine Presseaussendung entsprechendes Bildmaterial. Sobald ich die Vorgaben des Auftraggebers habe, beginne ich zu recherchieren. Als allererstes google ich mal und schaue, was gibt es in dem Bereich schon? Was hat der Fotograf xy in der und der Location schon umgesetzt? Aha. Jetzt mache ich aber natürlich nicht das Gleiche, sondern wähle z. B. eine andere Location usw., und so entwickelt sich Schritt für Schritt die Bildidee. Dann muss ich als nächstes die Location recherchieren. Das sind alles gedankliche Filter. Wenn ich zum Beispiel den Filter Outdoorfotografie im Kopf habe, muss ich die natürliche Lichtsituation berücksichtigen. Und aus diesen ganzen Filtern ergibt sich zuletzt das Equipment, das ich brauche. Welche Lichtsituation ist vor Ort? Wie ist die Umgebung? Brauche ich eine Blitzanlage? Brauche ich besondere Hintergründe? Was auch immer. Es entsteht sehr viel vorab im Kopf, das Foto vor Ort ist dann nicht mehr das Problem. In der Outdoorfotografie kommt erschwerend hinzu, dass sie wetterabhängig ist, deshalb muss es grundsätzlich einen Plan B geben. Wobei ich hier nicht so der Fanatiker bin. Wenn mir die Lichtsituation nicht passt, jage ich einen Aufhellblitz rein, bevor ich fünf Monate warte, bis die Sonne genauso steht, wie ich sie brauche. Das würde auch kein Kunde bezahlen. Es gibt ein Briefing, eine Planung und eine Umsetzung.

glo-00267409_1010141120Fotoshooting mit Didier Cuche – im Auftrag eines Sponsoren

Wie bereitest du dich auf Sportevents vor? Hilft einem da eine gewisse Routine?

Hans Groder: Beim Schifahren redet auch viel die FIS mit, die klare Vorgaben macht und teilweise den Fotografen in seiner Bewegungsfreiheit einschränkt. Du musst beispielsweise eine Stunde vorher da sein und wissen, wo ist meine Position? Man braucht ein gewisses Vorstellungsvermögen, ob die Aktion, von dieser Stelle aus fotografiert, gut wirkt. Aber es passiert mir auch heute noch gelegentlich, dass ich einen sch… Standort wähle, und dann muss man halt das Beste aus der Situation machen. Es gibt die sogenannte „Faule-Sau-Position“, die man googelt, und man weiß, da fahre ich mit dem Lift und stell mich dann hin, und das Bild sieht nett aus. Das sind aber dann meistens nicht die Bilder, die meinem Anspruch genügen, weil sie eh jeder hat. Man steht ja auch in einem Wettbewerb und versucht schon, sich vom Mitbewerber abzuheben. Viel hängt vom Wetter ab, und du entscheidest immer wieder auf’s Neue, weißt, wenn du unten aus dem Pressezentrum raus gehst, noch nicht genau, wo du schlussendlich stehen wirst. Der Faktor Zeit spielt natürlich auch eine Rolle.

Im Schiweltcup ist es vergleichsweise einfach. Bei Olympiaden oder Weltmeisterschaften hat man es aber dann oft mit Strecken zu tun, die man nicht kennt. In Sotschi 2014 wurden wir Fotografen beim Training nicht zugelassen. So wie die Athleten ein Training brauchen, brauche auch ich als Fotograf ein Training um auszuloten, welcher Standort kann funktionieren. Die FIS war in Sotschi der Meinung, zu viele Rutscher schaden der Piste, dann hast du als Fotograf die Arschkarte gezogen. Oder die ganzen Fotografen werden von einem FIS Funktionär ein einziges Mal die Strecke entlang begleitet und du darfst nicht mehr zurück. Und du musst entscheiden, ob du an einem Standort bleibst, ohne aber zu wissen, ob nicht 500 Meter weiter ein besserer wäre. Wenn man zu lange mit der Entscheidung wartet, kommt oft keine gute Position mehr. Das ist dann ein Riesenproblem. Da kommt einem dann schon die Routine zugute. Bevor ich irgendwo im „Gatsch“ stehe, nehme ich lieber eine Sicherheitsposition. Manchmal hält man sich auch an Kollegen, die einen guten Instinkt haben, aber letztlich sind halt doch alle Fotografen Einzelkämpfer und Mitbewerber.

Auch beim Fußball kann es dir passieren, dass du auf der einen Seite sitzt, und es passiert auf der anderen was Spielentscheidendes. Das kann man nicht planen, da ist auch viel Glück dabei. Wobei es einfacher ist, ein Champions League Spiel zu fotografieren, wo 22 Profis am Werk sind, als einen Dorfclub, wo 22 Amateure versuchen den Ball zu lenken. So gesehen ist es meiner Meinung nach absolut sinnvoll, sich z. B. über den Regionalsport hoch zu arbeiten.

glo-201208062013-00481797

glo-201208061645-00481317

glo-00345290_1108261536

glo-klit-003
Hans Groder ist Gewinner des APA Fotopreises 2012. Im nächsten Interviewteil erzählt er uns, wie seine prämierten Bilder entstanden sind und was er Nachwuchsfotografen mit auf den Weg gibt.

© Alle Fotos: Johann Groder, Expa Pictures

REGINA M. UNTERGUGGENBERGER

Regina wollte schon als kleines Kind Geschichten schreiben. Später, bereits tief im Berufsalltag einer Kommunikationsentwicklerin verankert, wollte sie unbedingt fotografieren. Heute macht sie beides. Sie erzählt Geschichten in Bild und Wort. Geschichten von besonderen Menschen, Plätzen und Begegnungen. Dabei legt sie stets Wert auf die innere Verbindung zu den Menschen, Landschaften und Dingen, die sie portraitiert.

1 Kommentar

  1. Sehr spannend zu lesen – jetzt stürze ich mich sofort auf die Fortsetzung.

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert