Kreta
Reportage

Leben und arbeiten an der Innsbrucker Nordkette #1

von | 24. Februar 2017

Ich lebe seit Jahrzehnten am Fuße der Nordkette, und ich schaue täglich mehrmals auf diese markante Bergkette im Norden von Innsbruck. Jeder, der Innsbruck besucht, fotografiert zahlreiche Bilder mit der Nordkette im Hintergrund. Wer etwas mehr Zeit hat, nutzt auch die Gelegenheit, mit den Nordkettenbahnen direkt vom Zentrum über die Hungerburg auf die Seegrube oder sogar bis zum Hafelekar zu kommen. Die Nordkette ist nicht nur für Touristen und Besucher etwas Besonderes, sondern auch für die Menschen, die in Innsbruck wohnen. Wenn man an einem schönen Wintertag in der Stadt unterwegs ist, sieht man u. a. Studenten mit Snowboards und Senioren mit Schiern, die sich alle mit strahlendem Gesicht und sichtlicher Vorfreude gerade am Weg zu Bahn oder Bus auf die Nordkette befinden. Es kommt nicht selten vor, dass sich Freunde an solchen Tagen mit den Worten „Aui muaß i“ grüßen, was auf Tirolerisch heißt: Heute hält mich nichts im Tal.

Seit längerer Zeit beschäftigt mich der Gedanke, diesen besonderen Raum der Innsbrucker Nordkette in den Fokus eines fotografischen Projektes zu rücken. Dabei geht es mir aber nicht nur darum, die traumhafte Landschaft und den Freizeitparkcharakter ins Bild zu rücken. Mich interessieren insbesondere die unterschiedlichen Menschen, die auf der Nordkette leben und arbeiten bzw. sogar von der Nordkette leben. Ich möchte dabei auch der Frage nachgehen, was die Menschen mit der Nordkette verbindet und warum sich viele Menschen bewusst für das Leben oder die Arbeit in diesem Raum entschieden haben.

In den letzten Tagen traf ich mich Hannes Anzengruber, der mit seiner Familie die auf 1067 m gelegene Arzler Alm betreibt und diese auch im Winter an vier Tagen pro Woche geöffnet hat. Die Familie Anzengruber ist eine jener Familien, die sehr eng mit der Nordkette verbunden sind. So hat Hannes Anzengruber, der ein Studium in Gesundheitswissenschaften absolviert hat, vor vier Jahren seinen IT-Job in der Gesundheitsbranche an den Nagel gehängt, um von seinen Eltern die Bewirtschaftung der Arzler Alm zu übernehmen. Dieser Aufgabe widmet er sich seit dem mit ganzem Herzen. Obwohl die meisten Innsbrucker die Arzler Alm nur als attraktive Einkehrmöglichkeit kennen, wird sie der Bezeichnung Alm durchaus gerecht. Im Sommer werden von verschiedenen Bauern noch zahlreiche Kühe und Schafe auf die städtische Alm gebracht. Die Mitglieder der Familie Anzengruber sind somit auch als Hirten im 860 ha großen Almgelände unterwegs, das bis zum Hafelekar hinauf reicht.

Im Gespräch mit Hannes kommt ganz deutlich zum Vorschein, dass es für ihn eine besondere Befriedigung ist, wenn er es schafft, den Gästen auf der Alm ein entspanntes und zufriedenes Lächeln zu entlocken, nachdem sie die von den Wirten selbst gekochten Speisen genossen haben. Dabei bemüht er sich soweit möglich, Produkte aus dem eigenen Bauernhof und aus der Umgebung zu verwenden. So kommen Salate, Gemüse, Obst und Kräuter frisch von seinem Bauernhof in Innsbruck Arzl. Während wir uns über die täglichen Herausforderungen unterhalten, die schon damit beginnen, ob in der Früh der Almweg ohne Hindernisse befahrbar sein wird oder ob eine Lawine den Weg versperrt, bereitet sein Vater – ein gelernter Konditor – in der Küche eine Malakoff-Torte vor.

Hannes kennt die Gegend bereits seit seiner Kindheit. Dies ist für ihn auch sehr wichtig, weil er dadurch ein Gespür für einen nachhaltigen Umgang mit der Natur entwickeln konnte, für seine Familie und ihn Lebensgrundlage ist. Diese möglichst harmonische Verbindung aus Natur, Landwirtschaft und Tourismus versucht er nicht nur zu leben, sondern auch weiterzugeben, indem er als ausgebildeter Almpädagoge Kindern die Almwirtschaft näher bringt.

KLAUS SPIELMANN

Als ausgebildeter Geograf und Geoinformatiker beschäftigt sich Klaus insbesondere mit räumlichen Phänomenen. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um natürliche, durch den Menschen gestaltete oder auch virtuelle Räume handelt, auf die er sich als Geograf, Raumplaner, Geoanalytiker, Kartograf oder Fotograf einlässt.

1 Kommentar

  1. Lieber Klaus, sehr cooles Projekt. Ich freue mich schon darauf zu erfahren, wer aller an und von der Innsbrucker Nordkette lebt.
    Regina

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