Lebensmittelproduzenten im Portrait
Sinnstiftend
Was stiftet im Leben Sinn? Und wie können wir den sinnstiftenden Impuls fotografisch darstellen? Mit diesen Fragen beschäftigten sich einige Studierende der Gruppe 43 im Modul „Konzeptionelle Fotografie“ unter Anleitung von Wolfgang Lehner.
Eigentlich hatte ich dieses Modul gar nicht ausgewählt gehabt. Ein sehr spannender und für mich persönlich sinnstiftender beruflicher Auftrag ließ mich dennoch verweilen.
Nun lebe ich in einer Gegend, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen und die Menschen als hinterwäldlerisch gelten. Und manche sind das ohne Zweifel. Manch Einer, der diese Zuschreibung trifft, verwechselt aber „hinterwäldlerisch“ mit einer tiefen Zufriedenheit, in den Tälern zwischen Felbertauern, Kärntner Tor und Arnbach seinen Lebenssinn gefunden zu haben.
Im Auftrag eines regionalen Lebensmittelhändlers durfte ich acht wunderbare Menschen kennen lernen und portraitieren … und schließlich in der Werbelinie 100% Osttirol vorstellen. Die Acht produzieren Lebensmittel im kleinen, feinen Rahmen. Keine Genmanipulation, keine präventiv verabreichten Antibiotika, kein überdimensionaler ökologischer Fußabdruck. Und der Lebensmittelhändler bietet seinen Kunden diese Osttiroler Produkte an. Das ist nicht nur ein Bekenntnis zur regionalen Wertschöpfungskette, sondern auch ein gravierender Unterschied zu den „Großen“ in der Branche. Denn billiger und „betriebswirtschaftlich sinnvoller“ ist es gewiss, die Kartoffeln aus Israel oder Ägypten einfliegen zu lassen.
Auch wenn einige der zu portraitierenden Produzenten mir zunächst mit einer gewissen Scheu entgegen traten, wurde ich doch auf jedem Hof willkommen geheißen. Bei einem Kaffee (oder einem Schnapsl) haben wir den Inhalt, den Ablauf, den Zweck usw. besprochen, und spätestens dann war jegliches Eis gebrochen.
Mein aufrichtiges Interesse an dem, was diese Menschen machen und wie sie ihre Arbeit machen, ist für mich sowieso integraler Bestandteil meiner persönlichen und beruflichen Philosophie. Aufrichtigkeit kann man, bin ich der Meinung, nicht vorspielen. Das heißt, um eine solche Arbeit wirklich gut zu machen, muss man zuerst einmal die Menschen per se mögen. Nun, das fiel mir nicht schwer. Obwohl ich in der Werbe- und Kommunikationsbranche immer häufiger Gegenteiliges beobachten kann. Und umgekehrt wurde dann auch mir Interesse entgegen gebracht, nicht nur Interesse an meinem Arbeitsauftrag, sondern auch an mir als Person. Tiefe anstatt Oberflächlichkeit, ein weiterer sinnstiftender Moment.
Und während ich in Ermangelung eines Assistenten teilweiße barfuß, bis zu den Knöcheln in regennasser Erde, mit Fernauslöser und Reflektor/Diffusor in Getreide- und Gemüseäckern herumturnte, kam mir auch meine eigene Arbeit auf einmal ungleich sinnvoller vor. Erde hinter den Zehennägeln. Ein wohlig-warmes Gefühl durchströmte mich, so als ob mich gar nichts aus dem Gleichgewicht bringen könnte.
Und dieses wohlig-warme Gefühl spüre ich auch jetzt noch, wenn ich in dem Laden beispielsweise die versalzene griechische Féta links liegen lasse und stattdessen den „Goaßkas“ (Ziegenkäse) aus Kals am Großglockner ins Einkaufskörberl lege.
REGINA M. UNTERGUGGENBERGER
Regina wollte schon als kleines Kind Geschichten schreiben. Später, bereits tief im Berufsalltag einer Kommunikationsentwicklerin verankert, wollte sie unbedingt fotografieren. Heute macht sie beides. Sie erzählt Geschichten in Bild und Wort. Geschichten von besonderen Menschen, Plätzen und Begegnungen. Dabei legt sie stets Wert auf die innere Verbindung zu den Menschen, Landschaften und Dingen, die sie portraitiert.
Das ist eine sehr ordentliche und kohärente Arbeit. Die Fotos transportieren, wovon Du schreibst.
Mich wundert oft, warum so viele Menschen beim Essen ein paar Cent sparen wollen, um gleichzeitig ein Vielfaches für ein größeres Auto, ein neues Telefon oder sonst etwas Entbehrliches auszugeben. Die Einsparung ist darüber hinaus oft sehr kurzfristig, weil die Gesundheit Schaden nimmt. Die Verödung der Kulturlandschaft und die sozialen Schäden nehmen leider nur sehr wenige als Folge wahr.
Da stimme ich dir zu. Es mag schon sein, dass beispielsweise eine Großfamilie darauf achten muss, wieviel sie für Lebensmittel bzw. Güter des täglichen Gebrauchs ausgibt. Dass aber akkurat die 50 Cent, die man für die heimischen Kartoffeln oder das Mehl aus regionalem Getreideanbau möglicherweise mehr bezahlt, den Braten fett machen, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Vielleicht hängt es ganz allgemein damit zusammen, dass für uns „Westler“ die Quantität immer wichtiger zu werden scheint, dass wir sie der Qualität vorziehen. Das längerfristige Denken liegt manchen Menschen einfach nicht so …
Das stimmt schon, dass oft die Trägheit im Weg steht. Ich glaube, dass gerade beim Essen auch Bildungs- und Erziehungsmängel eine sehr unmittelbare Rolle spielen. Zum Beispiel die Fähigkeit, frisch zubereitetes Essen zu genießen. Wenn einer Erdäpfel nur mehr als Pommes kennt, oder als Püree aus’m Packl, ist es schon weitgehend egal, wo das “Rohmaterial” herkommt. Konsumieren haben viele nicht gelernt. Konsum ist nämlich nicht mit Einkaufen gleichzusetzen.
… du hast die fotos also gemacht! congratulations..
Danke Kirsten. Ja, ich hab heute noch jedes Mal eine Freude, wenn ich beim Spar reinwachse, und auf dem Flatscreen werden meine Fotos bzw. meine Kampagne abgespielt