Chinesisches Mondfest
Reisefotografie | Shanghai

Das Paris des Ostens

von | 19. Januar 2017

Gabriela Mainx hat uns vergangene Woche nach Shanghai entführt. Von ihrer Reiseleiterin Faye lernt sie diese Woche, was es mit Konfuzius und der Karriere auf sich hat und warum viele Chinesen den Buddhismus mit schöner Kleidung vergleichen.

Einer der Parks entlang der Promenade trug früher eine Tafel mit der Aufschrift „Eintritt für Hunde und Chinesen verboten“, erzählt Faye und lacht übers ganze runde Gesicht.

Bald danach erspähen wir aus dem Busfenster einen alten Mann, der eindeutig einen Schlafanzug trägt. Ja, bestätigt Faye, in alten Vierteln von Shanghai ist ein Schlafanzug gesellschaftsfähig, um Besuche abzustatten. Viele Menschen leben in 1 Zimmer-Wohnungen, also sind Gäste im Pyjama willkommen, um am Bett zu sitzen.

Die beste Reisezeit für Shanghai sind die Monate September und Oktober. Obwohl wir Mitte September eintreffen, bescheren uns die Ausläufer des Taifun in Taiwan beständige Regenfälle über 3 Tage hinweg. Faye tröstet uns damit, dass Chinesen Regen ohnehin romantischer finden als Sonnenschein.

Der weiße Teint scheint den Damen in Shanghai jedenfalls heilig zu sein: in den Sonnenstunden, die wir hier erleben, sehen wir ebenso viele Sonnenschirme sich entfalten wie bei Regen Regenschirme.

Wir ignorieren den Regen und spazieren durch die von der Ming-Dynastie im 17. Jhdt gebaute Altstadt, bestaunen den Yu Garten mit Gebäuden aus der Ming-Dynastie und der typisch chinesischen Gartencharakteristik, die sich mit einem Mini-See und kleinen, aus Stein errichteten Bergen dokumentiert.

Faye tut alles um unsere Laune zu erhalten und es gelingt ihr zumindest bei mir ganz hervorragend. Einerseits, weil meine Stimmung ohnehin großartig ist angesichts dessen, was ich zu sehen bekomme, und andererseits liebe ich ihre Geschichten und die Einblicke, die sie in die chinesische Denkart vermittelt.

Chinesen sind sehr flexibel, von Verkehr bis Glauben:

  • Chinesen sind Christen, wenn sie Kummer haben. Ohne Kummer sind Chinesen ganz normal.
  • Für Karriere ist Konfuzius zuständig.
  • Tourismus ist wie Medizin
  • Buddhismus ist wie schöne Kleidung – um schlechte Gedanken und Taten zu verdecken

Auf der Fahrt zum Mittagessen lernen wir von Faye, dass die Straßen von Osten nach Westen die Namen chinesischer Städte haben, und von Norden nach Süden die chinesischer Provinzen. Hier im Süden Chinas sind Heizungen nicht erlaubt und in keinem Hochhaus vorgesehen. Ewig Frierenden wie meinereiner bleiben Heizungen elektrischer Art oder der Marke Eigenbau.

In der Altstadt kommen wir an zahllosen Teehäusern vorbei, die meist von aus der Sowjetunion emigrierten Frauen betrieben werden. Es ist Brauch, heißes Wasser so oft wie gewünscht nachzugiessen. Die über 800 verschiedenen Imbisse in der Altstadt bieten Hühnerfüße, Wachteleier und gedämpfte Maultaschen mit Fleischfülle an. Die Küche in Shanghai ist mild, mit wenig Salz, dafür viel Zucker, viel Gemüse und am besten hat mir der Fisch geschmeckt.

Als wir nach einem der üppigen Mittagessen erschöpft vor den ziemlich geleerten Schüsseln sitzen, zieht eine deutsche Touristengruppe vorbei, und eine wohlbeleibte Dame ruft nach einem neidischen Blick auf unsere Tafel empört durch das Lokal „Guck doch – DIE haben unseren Reis gekriegt!“.

Das erste Glas Tsingtao Bier wird gratis ausgeschenkt, jedes weitere muss bezahlt werden. Bei 4 Yuan macht das 50 Cent und ist zu verschmerzen. Tee hingegen ist im Menü inkludiert, so viel man trinken kann – zum Beispiel Chrysanthemen-Tee, der sehr gut schmeckt.

Die Nanjing Road, bekannteste Einkaufsstraße in Shanghai, lockt ähnlich einer Mariahilfer Straße mit zahlreichen uns bekannten Marken. Ich schlendere der Vollständigkeit halber durch und werde von einem chinesischen Paar angesprochen, das mich – wie ich glaube – bittet, ein Foto zu machen. Irrtum, das Foto soll mit mir zwischen den beiden geknipst werden. Das passiert mir noch zweimal im Lauf der Woche und ich frage mich, ob das meine blonden Haare oder die lange Nase auslösen?

Das Paar, auch Touristen und ebenfalls zum ersten Mal in Shanghai, ist am Weg zu einer traditionellen Teezeremonie und ladet mich ein, mitzukommen. Leider ist es Zeit, zum Treffpunkt zurück zu sausen, die kollektive Weiterfahrt steht bevor. Der Nachteil von Gruppenreisen!

Bei solch netten Begegnungen kommt unweigerlich die Frage „where do you come from?“ und die Antwort „Austria, Vienna“  wird jedesmal mit einem entzückten „Ooooh! Mozart!“ quittiert.

Nachts bin ich nochmals zum Bund gewandert, um die Skyline Shanghai mit den phantastischen Lichtspielen festzuhalten.

Vom Mondfest, den glücklichen Städten Suzhou und Hangzhou und der Teeplantage erzähle ich euch ein anderes Mal.

GABRIELA MAINX

Gabriela hat mit der Fotografie den Wandel vom oberflächlichen Schauen zum intensiven Sehen vollzogen. Denn wer sehen kann, kann auch fotografieren. Sehen lernen, das kann allerdings dauern, sagt Gabriela. Ihr ehrgeiziges Ziel als ambitionierte Freizeit-Fotografin formuliert Robert Bresson: Mach sichtbar, was vielleicht ohne dich nie wahrgenommen worden wäre.

3 Kommentare

  1. Das ist eine sehr charmante Geschichte!

  2. Danke für die Fotos! Ich war vor 2 Jahren im Anfang April in der Region und das war eher neblig und trübe. Und so sehen meine Fotos dann auch aus. Auf den Hangzhou Bericht bin ich gespannt, in der Stadt war ich rund um den Westsee unterwegs, die Suzhou hatte ich ausfallen lassen.

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