Wald
Zum Weltpoesietag

Der Wald

von | 22. März 2017

Gleichmütig steht der Wald

Zwischen Himmel und Erde

Reckt seine Zweige zum Licht

Das sich in Laub und Farnen bricht

Die Wurzeln tief in feuchter Erde

Die Börse stürzt

Die Wirtschaft kollabiert

Menschen laufen Amok

Kriege wüten

Der Wald steht und schaut

Ganz unbetroffen

Ich gehe in den Wald

Und lasse meinen Sorgen dort

Erst springen die Gedanken noch

Von Ast zu Ast

Dann sind sie müde

Lassen sich nieder

Im kühlen Moos

Ich bin sie los

atme pures Leben

Das kommt und geht

Ganz ohne Drama

Der Wald indes

Kennt keine Vergangenheit,

keine Zukunft

keine Straße von dort nach da

nur Zyklus

Sommer und Winter,

Leben und Sterben,

er steht im Moment

atmet unseren Angstschweiß

und spendet Trost

halte mich Baum

ich lege meine Arme

um deinen Stamm

meinen Finger auf deine Wunde

dein Harz sei mein Pflaster

deine Rinde mein Kissen.

Mein Ohr an deinem Stamm

hör ich dein Herz

oder ist es meins?

GITTI MÜLLER

Gitti Müller ist Journalistin und Filmemacherin. Sie hat eine Leidenschaft: Geschichten erzählen. Manchmal mit Worten. Aber immer mit Bildern. Die Fotografie erlaubt ihr den unmittelbaren Zugang, den direkten Draht zu den Menschen, die sie portraitiert. Die Kamera schafft auf wundersame Weise zugleich Distanz und Nähe, sagt Gitti, und erlaubt die Welt aus einer anderen Perspektive zu erleben. Mit ihren Bildern und Geschichten möchte sie dieses Erleben weitergeben.

4 Kommentare

  1. Es gibt ja auch die Redewendung „In den Wald gehen und ganz laut Scheiße schreien“. Auch das erträgt der Wald. Vielen Dank, Gitti, für deinen Text und die wunderbaren Bilder. Sie erinnern mich an etwas, was ich schon viel zu lange nicht mehr gemacht habe.

  2. Gedicht und Bilder und ergänzen einander wunderbar und besonders gefällt mir der letzte Abschnitt des Gedichtes. Schöner Beitrag!

    LG, Conny

  3. Auf, auf, Regina…der nächste Wald ist bestimmt nicht weit (-:

  4. danke liebe Conny. Ja, der Kontakt mit einem Baum hat etwas Tröstendes

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