Zum Weltpoesietag
Der Wald
Gleichmütig steht der Wald
Zwischen Himmel und Erde
Reckt seine Zweige zum Licht
Das sich in Laub und Farnen bricht
Die Wurzeln tief in feuchter Erde
Die Börse stürzt
Die Wirtschaft kollabiert
Menschen laufen Amok
Kriege wüten
Der Wald steht und schaut
Ganz unbetroffen
Ich gehe in den Wald
Und lasse meinen Sorgen dort
Erst springen die Gedanken noch
Von Ast zu Ast
Dann sind sie müde
Lassen sich nieder
Im kühlen Moos
Ich bin sie los
atme pures Leben
Das kommt und geht
Ganz ohne Drama
Der Wald indes
Kennt keine Vergangenheit,
keine Zukunft
keine Straße von dort nach da
nur Zyklus
Sommer und Winter,
Leben und Sterben,
er steht im Moment
atmet unseren Angstschweiß
und spendet Trost
halte mich Baum
ich lege meine Arme
um deinen Stamm
meinen Finger auf deine Wunde
dein Harz sei mein Pflaster
deine Rinde mein Kissen.
Mein Ohr an deinem Stamm
hör ich dein Herz
oder ist es meins?
GITTI MÜLLER
Gitti Müller ist Journalistin und Filmemacherin. Sie hat eine Leidenschaft: Geschichten erzählen. Manchmal mit Worten. Aber immer mit Bildern. Die Fotografie erlaubt ihr den unmittelbaren Zugang, den direkten Draht zu den Menschen, die sie portraitiert. Die Kamera schafft auf wundersame Weise zugleich Distanz und Nähe, sagt Gitti, und erlaubt die Welt aus einer anderen Perspektive zu erleben. Mit ihren Bildern und Geschichten möchte sie dieses Erleben weitergeben.
Es gibt ja auch die Redewendung „In den Wald gehen und ganz laut Scheiße schreien“. Auch das erträgt der Wald. Vielen Dank, Gitti, für deinen Text und die wunderbaren Bilder. Sie erinnern mich an etwas, was ich schon viel zu lange nicht mehr gemacht habe.
Gedicht und Bilder und ergänzen einander wunderbar und besonders gefällt mir der letzte Abschnitt des Gedichtes. Schöner Beitrag!
LG, Conny
Auf, auf, Regina…der nächste Wald ist bestimmt nicht weit (-:
danke liebe Conny. Ja, der Kontakt mit einem Baum hat etwas Tröstendes