Hochzeitsfotografie-Hochzeitsfotografin
Drum prüfe, wer sich ewig bindet!

Meine Premiere als Hochzeitsfotografin

von | 14. Juni 2017

Es ist der 7. Januar 2017. Der Thermometer fällt auf minus 15° C Außentemperatur, gefühlt sind es mindestens minus dreißig. Als ich um sechs Uhr morgens das Fenster öffne, fährt mir Väterchen Frost unbarmherzig ins Gesicht. Eigentlich ideale Voraussetzungen, um den Tag in eine Decke gekuschelt, mit einem guten Buch direkt neben dem Kachelofen zu verbringen. Doch mein Auftrag ist ein anderer.

An eben diesem 7. Januar vor zehn Jahren hatten sich Theresa und Robert kennen gelernt. In der „Probezeit“ des Zusammenlebens ist ihre Liebe stets frisch geblieben, es gab keine nennenswerten Turbulenzen zu verzeichnen. Deshalb wählten die Beiden nun dieses eher unkonventionelle Datum, um vor allen Menschen, die ihnen nahe stehen, Ja zueinander zu sagen. Eine Winterhochzeit, so hatte es sich Theresa gewünscht und erträumt. Die Dekorationen, die Blumen, das Gewand, das Ambiente würden anders sein, als es unser Auge von den klassischen Frühlings- und Herbsthochzeiten gewohnt ist. Und auch die Bilder vom schönsten Tag in ihrem Leben würden andere sein.

Nicole Neundlinger, professionelle Hochzeitsfotografin und Autorin auf seelegrafieren.com, hat in einem Beitrag bereits geschildert, wie sie an das Thema herangeht. Sie hat das Know-How, sie hat die Erfahrung, sie hat ihren Stil. All das habe ich – abgesehen von den fotografischen Kenntnissen – nicht. Mein innerer Kritiker äußert zudem lautstark Zweifel, ob ich als ausgebildete Journalistin mit eher dokumentarischem, reportageartigem Stil die Richtige für diesen Job sei.

Während ich mir gerade in diesem Augenblick bei sommerlichen 33° C quasi einen Wettex herunter schwitze, verschaffe ich euch mit ein paar Überlegungen zu meiner Premiere als Hochzeitsfotografin bei minus 15° C Abkühlung.

Vorbereitung auf den Tag aller Tage

Der Arsch ging mir einigermaßen auf Grundeis, muss ich rückblickend feststellen, denn es bedeutet eine große Verantwortung, eine Hochzeit zu fotografieren. Ich wollte es nicht nur irgendwie machen, ich wollte es gut machen. Ich hoffte und erwartete von mir selbst, dass Theresa und Robert die Bilder gefallen und sie auch in 20 Jahren noch gerne in ihrem Album blättern.

Ich tue zunächst, was ich immer tue, wenn ich an ein neues Thema herangehe: Mir Fachliteratur zulegen um einen tieferen Einblick ins Thema zu gewinnen. Und bereits im voran gegangenen Sommer hatte ich mit den beiden die Kirche, den Ort der standesamtlichen Trauung sowie mögliche Locations für DIE Hochzeitsportraits besichtigt. Damit ich ein Gefühl dafür bekomme, welcher Stil den beiden gefällt, bitte ich Theresa, mir doch immer mal wieder ein paar Bilder zu schicken, die ihr gefallen … was sie geflissentlich tut :-).

Weiters hole ich meinen Neffen Thomas, Theresas älteren Bruder, mit ins Boot und versichere mich seiner Unterstützung. Thomas ist nämlich ein eminent begabter Hobbyfotograf. Mit seiner Hilfe würden wir das Ding schon schaukeln.

Während der Weihnachtsfeiertage vertiefe ich mich in die Fachliteratur. Das Buch Hochzeitsfotografie – Bilder vom schönsten Tag von Nicole und Ralf Obermann kann ich dabei uneingeschränkt empfehlen. Es gibt einen tollen Einblick in die Chronologie einer Hochzeit, in die wichtigsten Abläufe sowie in die Tretminen, die man als Fotograf beachten muss. Außerdem enthält es viele technische Anmerkungen und die Exif-Daten der gemachten Bilder, sodass man nach und nach ein Gefühl für die erforderlichen Kameraeinstellungen verinnerlicht. So kann man sich, individuell an die Hochzeit angepasst, wie aus einem Baukasten die einzelnen Programmpunkte und technischen Parameter zusammen setzen. Bitte: Wenn ihr euch für das Buch interessiert – tut mir den Gefallen, und kauft es beim lokalen Buchhändler, nicht über Amazon.

Im Lauf der Lektüre gleiche ich das Beschriebene mit dem tatsächlichen Ablauf der Hochzeit, den mir Theresa schriftlich vorgelegt hat, ab. So spiele ich immer wieder in Gedanken den Ablauf, die einzelnen Programmpunkte durch, bis der Film in meinem Kopf nicht mehr rattert, sondern richtig flutscht. Zu jedem einzelnen Programmpunkt habe ich mir Notizzettel mit  technischen Anmerkungen geschrieben, die ich innerlich wiederhole. Am Ende der Weihnachtsfeiertage habe ich den Ablauf von Theresas und Roberts Hochzeit gespeichert, ich weiß zu jedem Programmpunkt, wo Thomas und ich stehen würden, welches Objektiv ich aufgesetzt haben würde, und was ich bei der Belichtungseinstellung beachten müsste.

Meine Premiere als Hochzeitsfotografin

Und dann ist es soweit. Wie schon erwähnt, sorgt Väterchen Frost dafür, dass ich entgegen meinem Biothythmus bereits um 6.00 Uhr morgens munter bin. Ich eile zum Bräutigam, klinke mich ins gemütliche Frühstück (mit Prosecco!) ein, bevor es ans Ankleiden geht. Große Inszenierungen sind nicht so mein Ding. Auf die Frage des Bräutigams und seines Trauzeugen, was sie denn jetzt genau tun müssten, entgegne ich, sie sollen einfach tun, was zu tun ist. Ich würde sie mit der Kamera begleiten, mich im Hintergrund halten, beobachten und kaum oder gar keine Regieanweisungen geben. Dieses Schauspiel wiederholt sich mit Theresa, nachdem ich wie der rasende Roland zum Haus der Braut geglüht bin. Dabei gelingt mir ein Bild, das ich persönlich sehr mag, denn die Sonne fällt genau auf Theresa, die mit ihren Geschwistern die letzten Vorbereitungen trifft.

Währenddessen geht es im beheizten Zelt gleich neben dem Elternhaus der Braut bereits ordentlich zur Sache: Die Hochzeitsgäste begrüßen, umarmen, busseln, bewundern, staunen, plaudern und trinken, bis schließlich der Bräutigam seine zukünftige Frau mit dem Brautstrauß im Elternhaus abholt und der Zeremonienmeister das Wort ergreift. Unterbrochen von einigen „Absperrungen“ treffen wir zeitgerecht in der Kirche ein, wo ich, bevor der stolze Brautvater mit seiner Tochter durch ein Spalier schreitet, noch einige Fotos vom Inneren der Kirche und von der Dekoration machen kann.

Ich habe zwei Kameras dabei, bestückt mit einem 24-70mm und einem 70-200 mm Objektiv, damit ich nicht während der Zeremonie das Objektiv wechseln muss. Während ich mich seitlich vom Brautpaar aufhalte, ist Thomas auf dem Chor im hinteren Bereich der Kirche postiert. Der Piep-Ton beim Fokussieren ist natürlich auf lautlos gestellt, damit wir nicht unnötig die Zeremonie stören. Leider habe ich vergessen, im Vorfeld die Zeiteinstellung in allen drei eingesetzten Kameras abzugleichen. Das wird mir später beim Sortieren noch leid tun. Klingt banal, ist aber wichtig, denn die Uhrzeit ist im Grunde das einzige Kriterium, nach dem sich die Bilder sortieren lassen.  Immerhin macht man ja im Lauf des Tages ein paar hundert Bilder. Na ja, zumindest werde ich das in Zukunft sicher nie mehr vergessen.

Erst als die wichtigen Programmpunkte der Trauung (Ringtausch, Segnung, Kuss, …) auf der Speicherkarte gebannt sind, begebe ich mich diskret in den hinteren Teil der Kirche, mache von dort aus noch ein paar Fotos und bin dann schon vor der Kirche als das sichtlich glückliche und gelöste Ehepaar aus der Kirche auszieht.

Nun haben wir genau eine Stunde Zeit, um von der Kirche aus auf Schloss Gamlitz, den Ort der standesamtlichen Trauung, zu gelangen und unterwegs noch ein paar Hochzeitsportraits zu machen. Die Location haben Thomas und ich am Tag zuvor ausgekundschaftet, er liegt auf dem Weg. Es ist später Nachmittag, die Sonne steht um diese Jahreszeit tief und lugt durch die kahlen Zweige. Der Boden ist mit Schnee angezuckert. Auch hier bin ich keine Freundin der großen Inszenierung. Ich gebe kaum Regieanweisungen. Wenn ich es schaffe, die Tiefe und Ernsthaftigkeit von Roberts und Theresas Liebe in ein Bild zu fassen, dann wird es ein gutes Foto, sage ich mir. Der Umstand, dass wir uns gut kennen und einander vertrauen, schafft eine angenehme, entspannte Atmosphäre – trotz der Minusgrade, die uns bald schlottern und frieren lassen.

Wir treffen auf Schloss Gamlitz ein, wo die Hochzeitsgesellschaft mit Häppchen und Getränken bei Laune gehalten wird. Thomas ist bereits dort, hat die letzten Vorbereitungen für das Gruppenfoto gemacht und „treibt“ die Hochzeitsgäste zusammen. Nicht gerade mit Körpergröße gesegnet, habe ich in weiser Voraussicht eine Leiter herrichten lassen, von der aus ich das Gruppenfoto aufnehme. Zur anschließenden standesamtlichen Tauung will ich gar nicht soviel schreiben. Nur soviel: Das stimmungsvolle Kellergewölbe ist perfekt, um anschließend noch die Kleingruppen zu fotografieren (Brautleute einzeln mit ihren Familien und mit beiden Familien, Brautleute mit Freunden usw.). Währenddessen fotografiert Thomas ein paar Details im Festsaal. Dann endlich habe auch ich Gelegenheit, eine Verschnaufpause einzulegen, mich unter die Leute zu mischen und mir ein Seidel Bier zu genehmigen. Es wird gegessen, gesungen, getanzt, zusammen musiziert, Torte angeschnitten und ausgelassen gefeiert … bis in die Morgenstunden. Aber das ist eine andere Geschichte.

Fazit

Ich hätte mir offen gestanden nicht vorgestellt, dass es so anstrengend ist, eine Hochzeit zu fotografieren. Es gibt kaum Verschnaufpausen, man will ja schließlich nicht irgendeine Szene verpassen oder ein Bild mit den falschen Kameraeinstellungen versemmeln. Permanente Konzentration und Aufmerksamkeit sind gefordert. Und ohne Thomas‘ Hilfe wäre ich vermutlich extrem gestresst gewesen. Wunschgemäß habe ich eine schwarzweiss-Serie und eine Farbserie ausgearbeitet. Hier zeige ich euch hauptsächlich die s/w Bilder.

Am allerwichtigsten war es für mich, Theresas und Roberts tiefe Liebe zueinander für einen kurzen Moment anzuhalten und festzuhalten. Das ist mir laut Rückmeldung der jungen Eheleute gelungen.

Die Ergebnisse stimmen mich recht zufrieden … was aufgrund meiner hohen Anspruchshaltung eher selten ist. Und da es wirklich Spaß gemacht hat, werde ich im Duett mit Thomas sicher wieder einmal so einen besonderen Anlass fotografieren.

8. Jänner 2017: Theresas und Roberts Wintermärchen, das vor zehn Jahren begann, ist wahr geworden. Möge es ewig dauern! Entgegen all meiner Vorbehalte gegen Hochzeitsfotografie war es ein echtes Privileg, als Fotografin so nahe und liebevolle Momente zwischen zwei Menschen zu erleben. Theresa und Robert: Vielen Dank für euer Vertrauen! Thomas: Tausend Dank für deine Hilfe!

REGINA M. UNTERGUGGENBERGER

Regina wollte schon als kleines Kind Geschichten schreiben. Später, bereits tief im Berufsalltag einer Kommunikationsentwicklerin verankert, wollte sie unbedingt fotografieren. Heute macht sie beides. Sie erzählt Geschichten in Bild und Wort. Geschichten von besonderen Menschen, Plätzen und Begegnungen. Dabei legt sie stets Wert auf die innere Verbindung zu den Menschen, Landschaften und Dingen, die sie portraitiert.

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